Die Palmsonntagsprozession in der DDR
Gerade in den Zeiten der deutschen Diktaturen verlor die
Heiligenstädter Palmsonntagsprozession nie an Anziehungskraft.
Exemplarisch sei diejenige an Palmarum (12.04.) des Jahres 1981 erwähnt.
Das nebenstehende Foto zeigt den Zug durch die Fußgängerzone, die
damalige Karl-Marx-Straße (heute Wilhelmstraße, meist "unterer Wilhelm"
genannt), der Stadt. Der auf dem riesigen Kreuz
angenagelte, überlebensgroße Corpus des Gekreuzigten nimmt als viertes
Bild die überragende Position innerhalb der Prozession und hier das
Hauptaugenmerk des Betrachters ein. Es wird von sechs mit schwarzem
Anzug, weißen Handschuhen und Zylinder bekleideten Männern getragen. |
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Foto: Harald Kirschner |

Foto: Harald Kirschner |
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Das
Erstaunliche dieser fotografischen Abbildung ist das konträre - sich
ausschließende - Nebeneinander atheistisch und christlich-religiös
geprägter Symbolik.
Auf der einen Seite die
Fahne der DDR und der plakative Verweis auf den zu dieser Zeit (11.04.
bis18.04.1981) in Ostberlin stattfindenden X. Parteitag der SED, der
führenden und gottlosen Macht des ehemaligen zweiten deutschen Staates;
auf der anderen Seite die überwältigende Zahl Eichsfelder Christen, die
entweder als Teilnehmer (1981: ca. 4000) oder als Zuschauer - betend und
singend - der Palmsonntagsprozession nicht zuletzt ihre Meinung zu den
existierenden Verhältnissen in Staat und Gesellschaft eindrucksvoll
dokumentieren. |
So
war die Anwesenheit und insbesondere das aktive Mitwirken am Leidenszug
"stille" Kritik - aber auch spürbarer Protest - gegenüber der SED und
ihren Funktionären. Aus diesem Protest schöpften die Menschen Hoffnung
für das Meistern des häufig schwierigen Alltages in der DDR.
Die Fotografie ist Teil der Foto- und Diasammlung des
Archivs des Bischöflichen Geistlichen Kommissariats Heiligenstadt, die
neben den für die eichsfeldische Heimatgeschichte so überaus
aussagekräftigen Aktenbestand zur Benutzung einlädt. |
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Foto: Harald Kirschner |
Maik Pinkert, gekürzte Wiedergabe
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